World-Tour 2019 – Western Australia
Tag 68, Freitag, 20. Dezember 2019 – Von Kununurra nach Fitzroy Crosssing (km 8985)
Da in Western Australia die Uhr im Vergleich zum Northern Territory um 1,5 Stunden zurückgestellt werden muss, wird es hier schon um 5 Uhr früh hell. Also noch früher aufstehen als gestern um bei Tagesanbruch wegzukommen. Aber warum ich nach 50 Kilometern den Abzweig Richtung Port Hedland übersehen habe, bleibt mir selbst ein Rätsel. Vermutlich dachte ich, dass es keine Kreuzungen hier gibt. Jedenfalls bin ich weitere 50 Kilometer in Wyndham gelandet. Die Kleinstadt begrüsst ihre Besucher mit einem überdimensional grossen Salzwasserkrokodil. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass etwas mit der Richtung nicht stimmt. Hier in Wyndham gibts zum Glück eine Tankstelle. Und so ist der Fauxpas nicht weiter tragisch. Es hat halt Zeit und Geld gekostet.
Ein röchelndes Geräusch am Auspuff bringt mich zum halten. Der Schaden ist schnell ersichtlich. Die Hitze der Abgase hat ein Loch in den linken Ersarzkanister gebrannt und ein Teil des Benzins ist ausgelaufen. Glücklicherweise hat es sich nicht entzündet. Somst wäre die Karre lichterloh abgefackelt! Dabei hatte ich gestern den Kanister erst leer befestigt, um zu sehen, ob der nicht zu heiss wird am Auspuff – Glück im Unglück.
Meine Tagesetappen richte ich in der Regel nach den auf der Strecke liegenden Roadhouses, also Raststätten, oder besser gesagt Tankstellen. Mittags um halb eins erreiche ich die Ortschaft Halls Creek. Eine “Oase” in Mitten der Kimberly Region. Und es wird wieder heiss und heisser mit jeder Stunde. Die erträglichen Vormittagstemperaturen um die 30 Grad sind vorbei. Aber bis zu meinem nächsten grösseren Ziel, der Stadt Broome an der Westküste sind es noch 700 km. Das schaffe ich morgen nicht. Deshalb entschliesse ich mich bis zur nächsten Niederlassumg, Fitzroy Crossing, weiterzufahren. Das sind halt nochmals 300 km in sengender Sonne. Nicht jedoch um vorher einen weiteren 5l Ersatzkanister zu kaufen und aufzufüllen. Bei weit über 40 Grad (im Schatten) ist es wichtig, viel zu trinken. Aber meine 3 Liter Trinkwasser, die ich immer dabei habe, sind so heiss, dass man einen Teebeutel reinhängen könnte. Noch nie im Leben habe ich mich so sehr an einen klimatisieten Raum und ein Kaltgetränk gesehnt. Es müsste nicht gleich ein Bier sein. Und wenn du anhältst, um zu trinken, dann fallen gleich dutzende von penetranten Fliegen über dich her und krabbeln dir in Ohr, Nase, Augen und Mund. Ich muss mir drimgend eines der Fliegennetze kaufen, das es an allen Tankstellen gibt!
30 Kometer vor dem Ziel sehe ich in der Ferne rötlichen Feuerschein und Rauch, also ein Buschfeuer. Oder ist das nur ein roter Sandsturm. so ganz sicher bin ich mir dabei nicht. Und der Highway führt genau darauf zu. Kurz vorher macht der noch einen Linksknick und führt knapp daran vorbei. Ganz wohl dabei ist mir nicht, nach all den Buschbränden in Sydney derzeit.
Mit dem letzten Tropfen Benzin erreiche ich dann die River Lodge in Fitzroy Crossing. Grade noch rechtzeitig bevor ein grösseres Gewitter niedergeht. Die Rezeptionistin meint, dass es wohl doch nur ein Sandsturm war, denn vor Buschfeuern werden sie gewarnt. Das Lodge hier hat nur sehr teuere Umterkünfte, die kosten 200 Dollar! Das sprengt meinen Rahmen. Aber einen Campingplatz haben die auch. Und so kann ich endlich mal mein neues Zelt testen. Der Campingplatz gleicht einem Zoo. Denn da fliegen viele Vögel und Papageien herum und bestimmt zwei Dutzend Wallabies hüpfgen umher.
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Tag 69, Samstag, 21. Dezember 2019 - Von Fitzroy Crossing nach Broome (km 9607)
Viel geschlafen habe ich letzte Nacht nicht im neuen Zelt. Und klimatisiert ist es leider auch nicht. Um fünf geht die Sonne auf und auch ich mache mich daran, das Zelt abzubauen und alles wieder zu verstauen. Bis ich endlich wegkomme ist es fast halb sieben. Camping verzögert halt alles. Von hier nach Broome sind es etwa 400 km. Das schaffe ich nicht mit einer Tankfüllung. Aber nach 230 km kommt das Willare Bridge Roadhouse. Und die haben eine Tanke. Gute zwei Stunden später bin ich auc schon dort und steuere gleich auf die erste Zapfsäule zu. Doch da hängt ein Schild auf dem geschrieben steht: "Out of Order". Dann halt die nächste. Aber auch die ist "Out of Order" und von der dritten und letzten Zapfsäule kann man nur Diesel beziehen. Die scheint zu funktionieren, bringt mir aber nichts. Ich gehe ins Roadhouse hinein. An der Kasse steht eine junge, große Blondine. Als sie das T-Shirt meines Heimatsportvereins sieht, merkt sie, daß ich aus Deutschland komme. Denn sie ist aus Thüuringen und grade mit ihrem Freund auf Work and Travel in Australien unterwegs. In so einer Einöde zu arbeiten wollte ich nicht. Bzgl. des Benzins hat sie keine Ahnung. Sie ist erst eine Woche hier. Deshalb holt sie ihre Chefin. Zu meinem Entsetze sagt die, daß sie momentan kein Benzin mehr haben. Erst am Dienstag soll die nächste Lieferung kommen. Aber ich kann doch hier nicht drei Tage warten! Ob sie nicht doch noch irgendwo ein paar Liter auftreiben kann, farge ich. Nichts zu machen! Ich hänge hier wohl fest. Wie weit ist es bis zum nächsten Roadhouse, frage ich. 135 km Richtung Broome, sagt sie. Es ist das Roebuck Roadhouse, eine größere Tankstelle. Die haben bestimmt noch Sprit. Ob ich das mit meinem Restsprit im Tank und dem 5l Ersatzkanister schaffe? Das wird eng. Aber es hilft nichts. Ich fahre halt los, so weit ich komme. Und wenn ich stehen bleibe geht's halt per Anhalter mit dem Ersatzkanister weiter. 3 Tage will ich hier nicht ausharren. Und so fahre ich unverrichteter Dinge weiter Richtung Broome. Mit dem Unterschied, daß ich die Geschwindigkeit auf 90 reduziere und möglichst Sprit sparend zu fahren. Nach 135 km, gleich nach dem Abzweig Richtung Port Hedland, erreiche ich fast mit dem letzten Tropfen Benzin tatsächlich das Roebuck Roadhouse. Und die haben das Lebenslexier für meine Bayerin. Also rein damit in den Tank und weiter ins knapp 40 km entfernte Broome. Untergekommen bin ich hier im recht neuen und schön eingerichteten Backpacker "Beaches of Broome". Die haben auch einen größeren Pool. Ganz im Süden der Halbinsel, auf der Broome liegt, befindet sich der Gantheaume Point. Das sind Sandstein-Klippen, die in der Abendsonne glutrot zu glühen scheinen und einen grandiosen Kontrast zum tiefblauen Meer ergeben. Sollte man gesehen haben, wenn man dort ist.
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Tag 70, Sonntag, 22. Dezember 20119 - Ruhetag in Broome (km 9648)
Nach den doch hitzetechnisch anstrengenden vergangenen drei Fahrtagen, ist heute ein Ruhetag von Nöten. Ohne Gepäck ddrehe ich am Vormittag eine Runde mit dem Moped durch und um die Stadt. Die liegt auf einer etwa 4 km breiten Halbinsel und kann von sich behaupten, daß man hier sowohl die Sonnenaufgänge aus dem Meer als auch die Sonnenuntergänge ins Meer beobachten kann - ach wie schön! Im 19. Jahrhundert wurden hier Perlen entdeckt, was der Stadt zu einem Aufschwung verhalf. Am bekanntesten hier ist noch der "Cable Beach" im Westen der Stadt. Ein 20 Kilometer langer und etwa 150 Meter breiter, sehr schöner Sandstrand. Nur schade, daß man während der Regenzeit, also jetzt, nicht baden kann. Das machen gefährliche Strömungen und lebensgefährliche Quallen (Irukandji und Box-Jellyfish) unmöglich. Der Cable Beach heißt dewwegen so, weil hier das Untersee-Telefonkabel von Java in Indonesien hierher verlegt wurde. Auf der Ostseite der Halbinsel gibt es noch den "Town Beach". Dort lassen die Aussies ihre Boote ins Meer um spazierenzufahren. Im Süden gibt es noch einen weniger interessanten Jetty-Pier. Und sollte man bei Vollmand hier sein, kann man das imposante Phänomen des "Staircase to the Moon" beobachten. Bei Absinken des Meeresspiegel während Ebbe spiegelt sich das Mondlicht im Restwasser, als wäre es eine Treppe zum Mond. Leider ist grade nicht Vollmond. Vielmehr gibt es nicht von Broome zu berichten. Wenn man viel Zeit und Geld hat, kann man die Kimberley-Region von hier aus bereisen. Das ist der nordwestlichste Teil Australiens. In der Regenzeit wie jetzt aber kaum möglich. Es sei denn, man gibt sehr viel Geld aus und bucht Rundflüge - das passt nicht mehr in mein gestresstes Budget.
Am Nachmittag heißt es nur Relaxen am Hotelpool und weitere Reiseplanungen vornehmen. Morgen steht nochmals eine lange Etappe mit 600 km nach Port Hedland an. Dazwischen gibt es zwei Roadhouses. Das Sandfire Roadhouse ist das erste, etwa 300 km entfernt. Da muß ich beide Ersatzkanister füllen. Vorsorglich habe ich dort mal angerufen und gefragt, ob sie noch Benzin haben. Denn sonst bin ich wirklich dort gestrandet, wie es gestern fast passiert wäre.
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Tag 70, Montag, 23. Dezember 20119 - Von Broome über Eighty Mile Beach nach Port Hedland (km 10274)
Leider wird im "Beaches of Broome" die Küche erst um halb sieben aufgeschlossen. Hell wird es in Westaustralien aber schon um fünf Uhr früh. Und so komme ich erst um sieben weg, habe also zwei Stunden mit nur 30 Grad Hitze verschenkt. Dreißig Kilometer vor Broome ist der Abzweig nach Port Hedland. Und genau da ist die vorerst letzte Tankstelle, das Roebuck Roadhouse. Das kenne ich schon von vorgestern. Hier mache ich den Tank nochmals eben voll und die beiden Ersatzkanister auch. Denn bis zur nächsten Tankstelle, dem "Sandfire Roadhouse" sind es fast 300 Kilometer. Dazwischen ist gar nichts! In meinem Reiseführer wird dieser Streckenabschnitt als einer der trostlosesten von ganz Australien bezeichnet. Und genauso habe ich den auch empfunden. Topfeben, keine Berge oder Erhebungen und nur Steppe, so weit das Auge reicht. Nach hundert Kilometern halte ich zur Trinkpause an und schütte den ersten Ersatzkanister nach. Den brauche ich in jedem Fall, also rein damit in den Tank. Die Fahrt bis zum Sandfire Roadhouse dauert gute drei Stunden. Hin und wieder sieht man ein verrostetes Autowrack am Straßenrand oder in den Büschen liegen. Und wenn du Langeweile hast, und es keinen Verkehr hat, mußt du dir etwas zum Zeitvertreib einfallen lassen. Und so habe ich die (kaum vorhandenen) Kurven und entgegenkommende Fahrzeuge gezählt. Es waren auf 300 km exakt 22 langgezogene Kurven und 32 Autos oder Road Trains. Wenn du hier ne Panne hast, hast du echt ein Problem. Östlich von hier liegt die Great Sandy Desert, eine große Sandwüste. Mamn, ist das öde hier!
Ich bin gottfroh, als endlich das Hinweisschild auftaucht, daß es nur noch 5 km bis zum Roadhouse sind. Und das Sandfire Roadhouse hat seinen Namen redlich verdient, liegt es doch direkt von feuerrotem Sand umgeben 50 Meter abseits des Highways. Es ist auch keine Kundschaft hier. Irgendwie sind die Chefin und ihre Mitarbeiternin aus Southampton in England froh, daß ich hier gehalten habe. Mal wieder Kundschaft zum plaudern. Bis vor 50 Jahren war hier praktisch noch gar nichts, sagt die Chefin. Und das erste Roadhouse wurde von einem Zyklon zerstört. Aber die Zeiten sind jetzt vorbei. Ich tanke alles nochmals voll und trinke eine Kaffee. Den hat es heute morgen nicht mehr gereicht. Als ich draußen noch ein paar Bilder schieße, hält ein weißer SUV an und ein junges Paar steigt aus. Als sie mein europäisches Nummernschild sehen, sprechen sie mich an. Denn sie kommen aus Nantes in Frankreich, haben zwei Jahre in Melbourne gearbeitet und machen jetzt noch ne Aussie-Rundreise bevor es im Februar wieder zurück nach Frankreich geht. Es sind die aus Vietnam stämmige Pauline und Jeremy. Der Highway von Broome nach Port Hedland verläuft immer etwa 10-20 km von der Küste entfernt. Und die Küste hier hat es in sich. Denn der Streckenabschnitt wird als "Eighty Mile Beach" bezeichnet. Der Strand ist aber nicht 80 Meilen lang, sondern ganze 220 km. An einem Abzweig des Highways sind es nur 10 km bis zur Küste. Gemeinsam mit den Franzosen fahre ich dorthin. Und als wir über die Dünen laufen und ich den Strand erblicke, haut es mich fast um. Ich habe wahrlich schon viele schöne Strände der Welt gesehen, aber dieser ist sicherlich der grandioseste. Da kann nicht mal der Strand von Boracay auf den Philippinen mithalten. Schneeweißer, fein wie Mehl gemahlener Sand auf einer Breite von 150 Metern und einer Länge bis zu beiden Horizonten. Das flache türkisfarbene Wasser geht langsam ins dunkelblaue über und am Horizont der stahlblaue Himmel - einfach grandios!
Nach dem zweiten Boxenstop am Pardoo Roadhouse sehe ich am Horizont ein Gewitter aufziehen - das fehlt grade noch. Und Blitze sind auch schon zu erkennen. So ein Gewitter hier kann kann schön ins Auge gehen. Unter anderem kann der Regen den Highway unpassierbar machen. In den Senken sind immer Wasserstandsmarken angebracht, um zu sehen, ob man noch durchfahren kann. Also drücke ich mächtig auf die Tube und fahre etwas schneller als die erlaubten 110 km/h. Glücklicherweise führt der Highway grade noch so vorbei an den vielen aufziehenden Gewitterclustern weiter landeinwärts. Gegen halb vier komme ich in Port Hedland an und finde auch schnell die Unterkunft "Discovery Parks", ein Campingplatz, der auch Zimmer vermietet. Campen wäre bestiimmt günstiger, aber wenn du 8 Stunden am Tag auf dem Motorrad in glühender Sonne sitzt dann brauchst du nachts einfach eine Klimaanlage, um dich zu regenerieren. Auch Pauline und Jeremy treffen kurz nach mir hier ein.
Was mir Sorgen macht, ist mein Hinterreifen. Denn der hat in den letzten Wochen stark abgebaut und hat praktisch kein Profil mehr. Entweder verliert der immer wieder Luft, oder aber die Logistikfirmen haben vor dem Motorradtransport sicherheitshalber Luft aus den Reifen gelassen. Vermutlich bin ich längere Zeit mit viel zu wenig Luft gefahren - jetzt ist er halt hinüber nach nur 10.000 km! Derselbe vor zwei Jahren hat 25.000 km gehalten. Hier in Port Hedland gibt es einen Reifenhändler und im Nachbarort Wedgefield noch ein paar. Da muß ich unbedingt morgen hinfahren. Hoffentlich bekomme ich einen passenden.
Am Strand von Port Hedland ist im Dezember immer "Schildkrötenzeit". Da kommen die Meeresschildkröten des nachts bei Flut an den Strand, um ihre Eier im warmen Sand zu vergraben. Das Schauspiel kann man abends ab 19 Uhr beobachten. Und tatsächlich habe ich zwei dieser Meeresbewohner gesehen, wie sie sich an Land geschleppt haben.
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Tag 71, Dienstag, 24. Dezember 2019 - Auf der Suche nach einem Hinterreifen (km 10501)
Eigentlich waere ich gern mit den beiden Franzosen in den Karijini Nationalpark gefahren. Der liegt 300 km suedoestlich von Port Hedland und soll wirklich achoen sein. Aber mein allzu frueb abgefajrener Hinterreifen macht mir einen Strich durch die Rechnung. Deshalb muss ich heute frueh erstmal bier nach Ersarz suchen. In Port Hedland selbst gibt es nur einen Reifenhaendler. Aber der hat keine Mopedreifen. Aber im benachbarten Wedgefield gibt es einige mehr. Also fahre ich dorthin. Aber all die grossen Reifenhaendler verkaufen nur Reifen fuer die Road Trains. Aber da gibt es noch den Pilbara Boats N Bikes Shop. Die verkaufen unter anderem Offroad Motorraeder. Leider haben die nur einen 120/80 R17 und keinen 130/80 R17, wie ich ihn brauche. Und der 120er passt nicht wirklich auf die Felge. Aber die Mitarbeiter von Pilbara Boats N Bikes wollen mir in meiner missligen Lage weiterhelfen und rufen bei Karratha Motorcycles im 230 km entfernten Karratha an. Die freundliche Dame wird auch schnell fuendig und kann mir drei verschiedene Reifen anbieten. Leider ist schon halb Zehn Uhr und sie schliessen um 12 Uhr. Erst am 6. Januar machen sie wieder auf - so lange kann ich nicht warten. Ob ich den Reifen telefonisch bezahlen kann und sie ihn mir irgendwo hinterlegen kann, frage ich. Das ginge, meint sie. Und so gebe ich ihr meine Kreditkartendaten durch und vereinbare mit ihr, den Reifen hinter dem grossen Muelleimer vor dem Shop abzustellen. Denn bis 12 Uhr schaffe ich die 230 km nicht. Nicht mal mit ueberhoehter Geschwindigkeit. Zumal heute Heiligabend ist, und der Highway menschenleer ist. Das Thermometer zeigt mehr als 40 Grad. Wenn ich heute hier eine Panne habe, dann habe ich eine schoene Bescherung und kann ggf. zig Kilometer zu Fuss laufen, oder mein Zelt hier ieber Weihnachten aufbauen. 4 Liter Wasser haette ich dabei. Aber der Bayerin scheinen die 40 Grad nichts auszumachen. Sie schnurrt froehlich vor sich hin. Aber ueberdrehen oder gar ueberhitzen will ich sie keinesfalls. Und wenn du bei hundert Sachen das Visier des Helms oeffnest, ist es, als wuerde dir jemand den Haartrockner mitten ins Gesicht halten. Kurz vor halb eins erreiche ich dann das Industriegebiet von Karratha. Auch den Laden von Pilbara Boats N Bikes finde ich schnell. Der ist sogar noch offen, da noch Kundschaft da ist. Und so kann mir die junge Blondine doch noch den Reifen persoenlich ueberreichen (und die Rechnung auch). Die Stadt Karratha selbst ist nur 5 entfernt. Und Karratha Backpackers, meine Unterkunft fuer die naechsten Tage, ist auch nicht weit. Die Athmosphaehre bier ist echt klasse, der Backpacker selbst etwas heruntergewirtschaftet. Morgen ist Weihnachten. Da haben alle Laeden und Supermaerkte zu (wie zu Hause auch). Die Restaurants haben auch alle zu. Also muss ich noch Essen, Trinken und Bier einkaufen. Da kommen in Australien eigentlich nur die Supermarktketten Coles und Woolworth infrage. Bier gibts in Australien nur in Bottleshops. Kaum zu glauben, dass das guenstigste Bier hier auch das guenstigste in Deutschland ist: Oettinger.
Einen offenen Reifenmonteur zu finden klappt auch nicht. Auch Werkzeuge, wie Hebeleisen, aufzutreiben , fuer die Selbstmontage ist vor Weihnachten nicht mehr moeglich.
An Heiligabend laeuft das hier aehnlich ab wie zu Hause. Diejenigen, die nicht in die Kirche gehen, sitzen zusmmen und trinken Bier.
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Tag 72, Mittwoch 25. Dezember 2019 - Reifenmontage (km 10594)
Am Vormittag fahre ich die 20 km weiter Richtung Kueste nach Dampier. Die Fahrt fuehrt vorbei an Meersalzgewinnungsanlagen , dem Flughafen und Erdgasfeldern. Denn Karratha ist eine reine Industriestadt. Die Leute kommen (fliegen) nur hierher zum arbeiten. In Dampier gibt es einen Strand, an dem man baden kann. Das Wasser ist zwar nicht wirklich kalt, aber doch erfrischend im Vergleich zu den 40 Grad Aussentemperatur.
Am Nachmittag kommt ein Hollaender vorbei, den ich gestern Abend hier getroffen habe. Er hat einen Bikeshop dort und ist jetzt ein paar Monate hier zum arbeiten. Und er hat Schlauchreifen schon manuell gewechselt, kennt sich also aus. Also baue ich das Hinterrad aus und wir fahren in die Werkstatt seiner Firma hier. Mit viel Muehe und ein bisschen Gewalt gelingt es, den alten Reifen von der Felge herunterzubekommen. Leider geht dabei das Ventil des Schlauchs kaputt. Aber ich habe ja noch einen Ersatzschlauch dabei. Dann kommt halt der zum Einsatz. Das Aufziehen des neuen Reifens erweist sich als schwieriger als das Abmontieren. Aber irgendwann ist auch der montiert. Beim Aufpumpen mit Pressluft dann die Ernuechterung: er vdrliert Luft am Ventilansatz. Jetzt habe ich gar keine Moeglichkeit mehr, den Reifen zum Laufen zu brimgen. Es muss erst ein neuer Schlauch her. Und das kann dauern hier. Also fajren wir nach muehevoller Arbeit, aber unverrichteter Dinge wieder zurueck zum Karratha Backpacker. Dort sind die Vorbereitungen zur Weihnachtsparty schon in vollem Gange. Fuer 15 Dollar zaubert der Manager "Pokie" ein Buffet auf den Tisch, und die Getraenke sind auch dabei. Und so endet dieser gebrauchte Tag fuer mich doch noch feucht-froehlich.
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Tag 73, Donnerstag, 26. Dezember 2019 - ich sitz fest...
...alle Reifenshops hier haben zu und ich brauche dringend einen neuen Schlauch und eine professionelle Werkstatt, die den aufziehen kann. Also erstmal im Internet googeln. Im MxStore werde ich fuendig: https://www.mxstore.com.au/. Per Expressversand sollte das nur 1-2 Tage dauern, sagt die Dame. Aber heute ist Feiertag und dann bleibt diese Woche nur noch Freitag. Also kommt der erst Montag oder Dienstag an. Ich bestelle ihn trotzdem. Was bleibt mir uebrig?
Ich koennte hoechstens morgen frueh nochmals in Wedgefield bei Pilbara Boats N Bikes anrufen, ob die noch einen Schlauch haben. Da war ich vorgestern schon wegen eines Reifens. Denn laut Internet sollten die morgen arbeiten. Und sollten die einen haben, nehme ich ein Mietauto, lade das Himterrad ein und fahre die 230 km wieder zurueck zur Reparatur. Am Nachmittag muss ich noch den Este aus dem Nachbarzimmer ins Krankenhaus fahren. Er hat ein offenes Auge von einer Schlaegerei vergangene Nacht. Australien ist ein rauhes Land. Ich fahre ihn, weil ich der einzig nuechterne hier bin. Die anderen sind entweder immer noch, oder schon wieder betrunken.
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Tag 74, Freitag, 27. Dezember 2019 - Auf der Suche nach einer Reifenwerkstatt
Heute frueh fahre ich den Hollaender ins benachbarte Dampier zu seiner Arbeitsstaette. Erstens, weil er noch einen starken Hangover von gestern hat (inclusive Schlaegerei), und weil er mir grosszuegigerweise sein Auto ausleiht um ggf. nach Port Hedland zurueckzufahren. Auf dem Weg dorthin nehmen wir noch einen Kollegen mit. Kurz nach sechs setze ich die beiden vor dem Werksgelaende von Yara ab, einem riesigen Konzern, der Ammoniak produziert.
Kurz nach acht Uhr telefoniere ich nach Port Hedland zu Boats N Bikes wegen eines Schlauches. Aber die haben wohl entgegen ihrer Internetseite auch bis zum 6. Januar zu.
Was nun?
Dann laufe ich halt nochmals die vier Reifenservice Firmen hier in der Innenstadt an. Die sind zu Fuss ganz gut zu erreichen. Schon beim ersten Shop "Tyres2You" ist die Zufahrt offen und ein Mitarbeiter wechselt Reifen an einem Abschleppauto von Hertz. Ich zeige ihm den kaputten Schlauch und frage, ob er einen neuen hat - hat er nicht. Und ausserdem ist heute geschlossen. Das hier ist ein Notfall. Ich haette auch einen Notfall zu reparieren, erklaere ich. Das wird teuer, sagt er - mir egal, sage ich. Ich muss hier wegkommen. Wenn ich das Hinterrad in einer Viertelstunde bringe, schaut er es sich an. Das lasse ich mir nicht 2x sagen und jogge mit Flipflops zurueck zum Backpacker, baue das Rad schnell aus, werfe es in den Kofferraum des "Hollandautos" und fahre zurueck zur Reifenwerkstatt.
Der Hertztransporter ist grade fertig. Der Monteur schnappt das Mopedrad, legt es auf die Reifenmontiermaschine und im Handumdrehen ist der neue Reifen wieder runter und der Schlauch raus. In weniger als einer Minute hat er den Schlauch geprueft und zwei kleine Loecher entdeckt. Keine fuenf Minuten spaeter sind die geflickt, der Schlauch wieder auf der Felge und der neue Reifen aufgezogen. Dass er bei den tropischen Temperaturen gehoerig ins schwitzen kommt und ihm der Schweiss am ganzen Koerper herumterlaeuft, ist selbstredend. Einmal den Reifen aufgepumpt, die Luft wieder raus und nochmals aufgepumpt - FERTIG !!!
Die ganze Aktion, fuer die wir vor zwei Tagen noch 2,5 Stunden gebraucht haben, hat er professionell in 15 Minuten erledigt! Ich frage nach dem Preis. "50 Bucks", also 50 Dollar (35 Euro). Guenstiger als ich erwartet habe. Ich haette auch 100 gegeben.
Dann schnell das Rad eingepackt, nach Hause gefahren, eingebaut und gleich eine Probefahrt - sieht gut aus.
Hoffentlich haelt der Reifen auch. Denn ich will jetzt wirklich hier wegkommen. Nicht zuletzt wegen der Zyklonwarnung (Wirbelsturm), die heute herausgegeben wurde. Der soll wohl Mitte naechster Woche an der Nordwestkueste eintreffen. Je weiter ich im Sueden bim, desto besser.
Heute Abend heisst es Abschied nehmen von den Mitbewohnern des Backpackers. Einige sind mir schon ans Herz gewachsen nach nur 4 Tagen. Der Aufenthalt hier war manchmal etwas rauh, aber immer feucht-froehlich. Die Bewertung dieser Unterkunft ist nicht leicht, denn sie geht ins Extreme. Auf einer Skala von 0-10 kaeme folgendes heraus:
Athmosphaere:. 11
Sauberkaeit:. 1
Sicherheit: 0
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Tag 75, Samstag, 28. Dezember 2019 - Von Karratha nach Coral Bay (km 11141)
Vier lange Nächte über Weihnachten in Karratha, der Stadt wo nichts los ist, sind wahrlich
genug. Heute will ich 530 km Richtung Süden machen. Das Ziel ist Coral Bay. Damit ich
nachmittags keine Hitzschlag bekomme, will ich gleich mit Sonnenaufgang hier wegfahren. Und
hell wird es hier um 5 Uhr. Das schaffe ich nicht ganz, aber um halb sechs bin ich auf dem
Highway. Eine Stunde später und gute 100 km weiter die erste Rast am Fortescue River
Roadhouse. Auch wenn es nur 100 km waren, vollgetankt wird immer. Und einen Kaffee hatte
ich heute auch noch keinen. An den Tankstellen arbeiten viele ausländische Aushilfskräfte.
So auch hier. Der Tankwart ist ein Israeli und er verdient gutes Geld hier, meint er. 150
km weiter das nächste Roadhouse und er nächste Rast. Weitere 100 km geht der Abzweig der
Hauptstraße rechts ab Richtung Küste. Bis zum Ziel nach Coral Bay sind es nochmals 140 km
zu fahren. Und diese Fahrt führt quasi durch eine Wüstenlandschaft. Mittlerweile ist es
halb zwölf, die Sonne steht am Zenit und es wird wieder unsäglich heiß. Das änderst sich
jedoch schlagartig einen Kilometer vor der Küste und dem Urlaubsort Coral Bay. Denn eine
mäßige Brise Meeresluft weht über die Dünen und drückt die Temperatur von 40 Grad auf 30
Grad herunter - da muß ich fast frieren! Untergekommen bin ich hier im Coral Bay
Backpacker. Der ist um Welten sauberer, als der in Karratha und hat sogar einen Pool!
Coral Bay ist ein kleines Touristennest, das an einer türkisfarbenen Bucht liegt. Außer
einem großen Zelplatz, zwei oder drei Hotels, ein paar kleinere Restaurants, dem
Backpacker und einem Einkaufsladen gibt es hier nicht. Was es besonders macht, es liegt an
dem noch weitaus unbekannten Ningaloo Riff. Das Wasser hier ist angenehm frisch im
Vergleich zum 500 km weiter nördlich liegenden Karratha bzw. Dampier.
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Tag 76, Sonntag, 29. Dezember 2019 - Schnorcheln am Ningaloo Riff
Punkt 7:50 Uhr stehe ich auf der Matte bei Ecotours in Coral Bay. Bei denen habe ich gestern eine Schnorchel-Tagestour am Ningaloo Riff gebucht. Das Ningaloo Riff an der Westküste Australiens ist weit weniger bekannt als das Great Barrier Riff an der Ostküste. Es ist mit 270 km Länge auch wesentlich kürzer. Trotzdem gehört es zum Weltnaturerbe. Man kann es von der Küste aus schon erkennen. Es liegt hier in Coral Bay nur knapp einen Kilometer vom Strand entfernt. Dort wo sich im Wasser die Wellen brechen und das Meer schäumt, dort ist das Riff. Es soll weit weniger zerstört sein als das Great Barrier Riff, denn das Wasser ist noch nicht so überhitzt wie an der Ostküste. Mit 25 Grad ist es recht "frisch". Hier in Coral Bay endet so ungefähr die tropische Zone Westaustraliens und die subtropische, weiter südlich, beginnt.
Mit dem Bus werden wir zum 2 km entfernten Pier gebracht, wo schon das Ausflugsboot auf uns wartet. Das Boot ist mit ungefähr 30 Personen voll besetzt, immerhin sind Sommerferien hier im Dezember und Januar. Es erfolgt die übliche Sicherheitseinweisung sowie die Ausgabe von Neoprenanzügen, Taucherbrillen und Flossen. 20 Minuten später sind wir auch schon an der ersten Schnorchelstelle angekommen. Die Guides schwimmen voraus, wir Touries wie die Entenkücken der Entenmama hinterher. Immerhin wissen die, wo es etwas zu sehen gibt. Und tatsächlich sehen wir nicht nur viele schöne Hartkorallen (Weichkorallen gibt es am Ningaloo Riff kaum) und Fische, sondern auch vier große Wasserschildkröten. Der zweite Stop, etwa 2 km weiter, führt uns zu einer "Putzerstation" für Haie. An diesem Ort lassen sich die Riffhaie hier von den Parasiten befreien. Das erledigen kleinere Fische. Es waren bestimmt 10 Haie, die hier ihre Putzrunden gedreht haben. Wir sollen keine Angst vor denen haben, meint der Tourguide. Denn die haben bestimmt mehr Angst vor euch - hoffentlich!
Der Hauptgrund, warum ich diese doch sehr teuere Tagestour gebucht habe, sind die Mantarochen, die man hier sehen kann. Denn einem Manta bin ich bisher noch nie begegnet. Ausgewachsen misst deren Spannweite bis zu 8 Meter. Die sehen etwa so aus wie ein B2-Tarnkappenbomber. Mit dem Unterschied, daß sie unten weiß gefärbt sind und völlig harmlos sind. Denn sie fressen nur Plankton. Mit ihrem riesigen, geöffneten Maul durchpflügen sie das Wasser um diese aufzusaugen. An einer Stelle hier ist das Riff offen zum Strand. Dort gibt es wohl besonders viel Plankton. Und genau dort kann man sie antreffen - und so auch heute! Tatsächlich sehen wir zwei dieser "Monster", wie sie sich im Wasser rollen und Loopings drehen, um genau an dieser Öffnung möglichst viel Nahrung abzubekommen. Ein wahrlich unvergeßlicher Anblick - mein erster Manta!
Nach dem Mittagslunch fährt der Skipper uns noch zu einer Stelle, wo die Meeresschildkröten brüten. Dort kommen sie immer wieder zur Oberfläche um Luft zu holen. Immer wieder sieht man einen Kopf aus dem Wasser ragen. Ein paar Delphine tummeln sich auch hier herum und scheinen das Boot zu begleiten. Ein wirklich schöner, erlebnisreicher Tagesausflug.
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Tag 77, Montag, 30. Dezember 2019 - Von Coral Bay über Kallbari Nationalpark nach Geraldton (Pannentag) (km 11901)
So ganz genau wusste ich es heute früh noch nicht, was mein Tagesendziel sein sollte. Entweder der Kallbari Nationalpark oder die nächstgrößere Stadt danach, Geraldton. Jedenfalls bin ich um 4:45 Uhr früh aufgestanden und um 5:30 Uhr bei Tagesanbruch losgefahren. Um diese Zeit weht hier ein leicht fröstelnder Wind. Frieren? Was ist das? Dieses Gefühl hatte ich schon ein Dreivierteljahr nicht. Von Coral Bay führt eine 100 km lange Straße direkt nach Süden zum Highway. Die ist wenig befahren. Dafür treibt sich immer wieder irgendwelches Getier darauf herum. Der erste, der mir fast ins Vorderrad gelaufen wäre, war ein Dingo. Das sind die verwilderten Hunde in Australien. Das nächste Vieh, das ich aufgeschreckt habe, war ein streunendes Rind. Das hat zum Glück in den Büschen Unterschlupf gesucht. Ein Aufprall wäre für alle drei (Rind, ich, Motorrad) nicht gut ausgegangen. Noch ein paar Kilometer weiter waren es Ziegen, die die Straße bevölkert hatten. Also immer Obacht geben. Im Minilya Bridge Roadhouse lege ich erstmal eine Kaffeepause ein. Denn Kaffee gab es heute früh nicht bei der Abfahrt. Die Küche öffnet erst um sieben. 150 km weiter, kurz vor der Stadt Carnarvon klappert es erst verdächtig vorne beim Bremsen, dann ist auf einmal überhaupt keine Bremswirkung mehr vorhanden! Da wird doch nicht etwa die Hydraulik oder der Bremssattel kaputt sein? Die nächste Tankstelle ist nur 5 km weiter. Dort steige ich ab, um den Schaden zu untersuchen. Als ich die Ursache sehe, traue ich meinen Augen nicht. Der gesamte Bremssattel hängt nur noch am Hydraulikschlauch. Die Plastikabdeckung fehlt und die beiden Innensechskantschrauben zur Befestigung des Sattels ebenso! Sowas habe ich noch nie erlebt. Der Sattel war gut festgezogen vor der Reise. Aber da schraubt doch keiner dran herum? Sabotage? Ich öffne meinen Ersatzteilkoffer und nehme das gut zusammengestellt Schraubensortiment heraus. Tatsächlich finde ich eine Sechskantschraube, die genau passt. Aber eben nur eine und keine zwei. An der Tankstelle sagen sie mir, daß es bis Carnarvon nur ein paar Kilometer sind und es dort einige Läden mit Werkzeug und Ersatzteilen gibt. Gleich im ersten Laden, dem "Hoppys Assecory Bar" werde ich fündig. Da gibt's die Schrauben im Dreierpack für 10 Dollar. Gleich Vorort reingeschraubt und festgezogen - fertig! Die Fahrt kann weitergehen.
Am nächsten Roadhouse treffe ich auf ein österreichisches Paar, das mit einem Camper und drei kleinen Kindern hier in den Weihnachtsferien unterwegs sind. Sie kommen aus Wien/Traiskirchen, genau dort wo ich auch Verwandtschaft habe - was für ein Zufall! Und weiter geht die Fahrt immer Richtung Süden. An einem Aussichtspunkt treffe ich kurz vor Mittag auf einen Deutschen aus dem Rheinland. Der arbeitet in Karratha und ist grade ein paar Tage mit seinem Jeep unterwegs. Im Billabong Roadhouse soll es gute Burger geben, sagt er. Also mache ich dort Mittag und tanke wieder einmal voll. Die Burger dort sind wirklich klasse, aber halt auch nicht grade günstig. Hier in der subtropischen Zone wird es nachmittags nicht so heiß wie im Norden. Es hat nur 34 Grad und keine 44. Damit kann ich leben. Ich glaube, heute ist der erste Tag in Australien, an dem ich nicht schwitzen muß. Gegen halb drei Uhr erreiche ich den Abzweig zum Kallbari Nationalpark. Den wollte ich mir schon ansehen und ggf. einen Tag hierbleiben. Der Murchison River hat hier tiefe Schluchten in den roten Sandstein gegraben. Es gibt einige Aussichtspunkte und Wanderwege. Zwei der Aussichtpunkte kann man direkt von der Straße aus anfahren. Die Gegend ist echt toll, aber nicht unbedingt schöner als der Katherine Gorge von vor zwei Wochen. Also belasse ich es mit den Aussichtspunkten und will heute weiter Richtung Geraldton und morgen zur Neujahrsparty nach Perth. Bis zum North-West-Coastal-Highway sind es 30 km zurück. Kurz vor der Kreuzung jedoch wieder ein klapperndes Geräusch am Motorrad. Und kein Antrieb mehr. In keinem der Gänge. Schei... denke ich, da wird doch nicht wohl das Getriebe kaputt sein! NEIN! Das wäre das Ende der Fahrt und ich müsste die Karre 500 km nach Perth abschleppen lassen. Ich lasse die Bayerin ausrollen und nehme das Gepäck ab, um an das Werkzeug zu kommen. Inzwischen hält ein australisches Paar mit ihrem Wagen, um mir ggf. zu helfen. Sie würden mich mit nach Geraldton nehmen, sagen sie. Aber ich will erst den Schaden selbst untersuchen. Und das dauert. Also schicke ich sie von dannen. Das klappernde Geräusch kommt wohl von der Stelle, an der sich das vordere Ritzel befindet. Also schraube ich den Plastikschutz ab um nachzusehen. Und schnell wird klar: ich habe eine weitere Schraube bzw. Mutter verloren, die, mit der das Ritzel an die Antriebswelle verschraubt ist. Dann ist das Ritzel von der Welle gesprungen und damait kein Antrieb mehr. Auch sowas habe ich noch nicht erlebt. Wieder Sabotage? Das Zahnrad auf die Welle zu bekommen ist kein Problem. Aber wie sichern? Denn die Mutter ist weg. Die kann auch 100 km hinter mir auf dem Highway liegen. Und so eine mit einem Feingewinde habe ich natürlich nicht dabei. Jetzt kann nich auch mit all den "alten" Harley Davidson Fahrern mitfühlen, die alle 200 km anhalten müssen um die Schrauben nachzuzuiehen. Mittlerweile hat ein australischer Landwirt mit seinem Kleinlaster angehalten und mir Hilfe angeboten. Seine Farm ist nur einen Kilometer weit entfernt. Also fahre wir dorthin. Das Zahnrad wird schon den einen Kilometer nicht wieder runterspringen. Dort angekommen macht er sich sofort auf die Suche nach einer passenden Mutter, jedoch leider erfolglos. Aber er hat ein große Unterlegscheibe, die auf die Welle passt. Und die sichern wir mit einer Schlauchklemme, damit sie nicht herausfällt und damit (hoffentlich) das Zahnrad auf der Welle bleibt. Aber das Provisorium scheint zu halten und ich schaffe es tatsächlich bis ins 100 km weit entfernte Geraldton. Dort quartiere ich mich im Backpacker ein, kaufe noch ein Frühstück und ein Take-Away vom Thairestaurant und falle anschließend totmüde ins Bett - ein anstrengender Tag mit über 700 gefahrenén Kilometern geht zu Ende.
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Tag 78, Dienstag, 31. Dezember 2019 - Sylfester in Perth (km 12362)
Fünf Uhr früh aufstehen ist heute nicht angesagt. Denn erstens sind es bis Perth nur gute 400 Kilometer und zweitens will ich hier den Versuch unternehmen, die richtige Feingewindemutter zu bekommen. Aber an allen drei Telefonnummern von Autoteilen-Läden, die mir mein Landwirt gestern aufgeschrieben hat, geht niemand ran. Das verheißt nichts Gutes. Dann fahre ich halt mal vorbei. Auf dem Weg ins Industriegebiet ist auch ein Repco Teilegeschäft. Aber die haben sowas wohl nicht meint die Verkäuferin. Und Ahnung hat sie auch keine - sie verkauft halt nur das, was es im Laden gibt. Auch die anderen drei Shops des Landwirts haben heute zu und machen erst am 6. Januar wieder auf. Dann fahre ich halt erstmal mit dem Provisorium von gestern weiter. Das hat jetzt 100 km gehalten und wird wohl auch noch weitere 400 halten.
Eigentlich wollte ich ja den Indian Ocean Drive an der Küste Richtung Süden nach Perth nehmen. Die Verkehrsschilder haben mich aber auf den Brand Highway, 50 km weiter im Landesinneren, geführt. Der wird wohl schneller sein. Nach drei Tankstopps (ich tanke fast immer wenn ein Roadhouse kommt - man weiß ja nie) erreiche ich die 1,7 Millionenmetropole Perth so gegen 13:30 Uhr. Die Stadt ist wo weitläufig, da weist du nie genau wo die anfängt und wo sie aufhört. Auch ein Orts- oder Stadtschild habe ich leider keines gesehen. Dort hätte ich gern ein Selfie gemacht. Die Freeways sind jedoch so breit und gut ausgebaut, daß man ohne Stau direkt in die Innenstadt kommt. Vielleicht auch nur, weil heute Sylvester ist. Und auch mein gestern gebuchtes Hostel, das Kangaroo Inn, finde ich schnell. Die haben im Hinterhof auch einen eingezäunten Parkplatz mit Sicherheitstor - natürlich kostenpflichtig. Und mit 12 Dollar pro Tag (ca. 8 Euro) nicht gerade billig.
Es bleibt mir am Nachmittag also noch genug Zeit, um mal die Innenstadt abzugehen und einen Abstecher runter zum Elizabeth Quay am Swan River zu machen. Direkt dahinter befindet sich die Skyline von Perth. Leider organisiert meine Unterkunft keine Sylvesterparty. Eigentlich hatte ich das erwartet. Und kennen tue ich hier auch noch niemanden. Also mache ich meine eigene Party. In der Stadt ist viel los heute Abend. Nur die Feuerwerke sind entweder etwas weit weg, oder aber hinter diversen Wolkenkratzern abgefeuert, sodaß man nur Bruchteile davon sieht.
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Tag 79, Mittwoch, 01. Januar 2020 - Happy New Year Perth (km 12372)
Neujahrtag = Ruhetag. Aber den ganzen Tag nur herumhängen macht auch keinen Sinn. Also schwinge ich mich gegen Mittag aufs Moped, nicht um vorher die Koffer abzumontieren. Denn ganz ohne Last zu fahren macht deutlich mehr Spaß. Mein erstes Ziel ist der Botanische Garten. Der liegt ein paar Kilometer weit weg auf einem Hügel. Und von dort aus hat man eine tolle Sicht auf die Innenstadt und den Elizabath Quay. Diese Idee hatten auch viele Aussies heute. Sie kommen mit Kind und Kegel um hier zu flanieren oder zu Picknicken. Das Wetter hier ist in etwa so wie im Hochsommer in Deutschland. Also "nur" etwa 30 Grad und keine hohe Luftfeuchtigkeit - also ideal auch für mich. Hier im Botanischen Garten kann man schön auf den kurz gemähten Rasen im Schatten der Bäume sitzen, oder besser liegen und ein Nickerchen machen. Das neue Jahr ist ja noch jung - nur nichts überstürzen.
Mein zweiter Stop ist ein blaues, hölzernes Bootshaus am Swan River. Verbunden mit dem Festland über einen etwa 20 Meter langen, ebenfalls hölzernen Steg. Bekannt ist es vor allem bei jungen Instagram Followern, die sich hier ablichten lassen.
Und mein dritter und letzter Stop heute ist ein kleiner Sandstrand am Swan River. Von dem aus kann man schön über den kilometerbreiten Fluss auf die Skyline der Stadt sehen.
Auszug aus Wiki über Perth:
"Perth wurde am 12. August 1829 am Swan River nahe dessen Mündung in den Indischen Ozean von Captain James Stirling gegründet, mit dem Ziel, die Franzosen von der Besiedlung des australischen Westens abzuhalten. Die offizielle Gründung von Perth war im Jahr 1856. Die Stadt wurde auf Wunsch des britischen Kriegs- und Kolonialministers Sir George Murray nach der schottischen Stadt Perth benannt, in der er geboren war."
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Tag 80, Donnerstag, 02. Januar 2020 - Muttertag (km 12412)
Das Problem mit der fehlenden Feingewindemutter für das Ritzel an der Antriebswelle ist immer noch offen. Da muss sich schleunigst etwas tun, bevor das Provisorium wieder auseinanderfällt. Gestern habe ich mir in Google Maps mal diverse Firmen und Läden hier in Perth herausgesucht, die weiterhelfen könnten. Die liegen alle wie an einer Perlenkette aufgereiht an der Shepparton Road bzw. gleich nebenan am Albany Highway. Das sind keine drei Kilometer vom Hostel entfernt. Und am nähesten ist doch gleich der BMW Händler. Zu dem fahre ich zuerst. Ein wirklich großes Autohaus, mit sowohl Autos als auch Motorräder im Angebot. Von der Rezeption schickt man mich zum Teileservice. Ich werde auch gleich von einem Mann mit glattgebügeltem weißen Hemd bedient. Was Feingewindeschraube auf Englisch heißt, weiß ich nicht. Aber die BMW steht vor der Tür und ich kann ihm mein Anliegen schnell klar machen. Er schreibt sich noch die Fahrgestellnummer auf. Wieder zurück im Büro läuft das genauso ab wie zu Hause. Auf dem großen Computerbildschirm wird die Explosionszeichnung des Antriebs dargestellt. Wie so oft, sind sich die Verkäufer nicht 100% sicher und ziehen lieber noch einen Kollegen aus der Werkstatt zu Rate. So auch hier. Der Kollege ist erstmal erstaunt über mein Provisorium und daß das jetzt schon 500 km gehalten hat. Zusammen wird die fehlende Mutter dann auch gefunden. Aber natürlich ist die nicht vorrätig in Perth. Aber die Niederlassung in Melbourne soll noch eine haben. Kosten tut sie 18 Dollar und wäre vermutlich schon morgen früh hier - VERMUTLICH. Andernfalls erst am kommenden Montag! Damit kann ich nicht leben. Ich erkläre den beiden, daß ich erst noch woanders schauen werde und ggf. wieder zurückkomme. Wenigstens die Maße der Mutter schreibt mir der Verkäufer auf: 20 mm im Durchmesser und Gewindesteigung 1,5 mm. Das ist doch schon mal was.
Der nächste Laden an der "Perlenkette" liegt gleich gegenüber der Straße. Es ist der Kawasaki-Händler. Vielleicht hat ja der so eine Mutter. Ich werde freundlich begrüßt und erkläre, daß ich eine "Nut" 20x1,5 brauche. Das verstehen die beiden Kawa-Jungs auch und der eine macht sich sofort daran in einer Ersatzteilbox danach zu suchen - UND WIRD FÜNDIG !!! Er gibt sie mir und ich laufe raus zur Bayerin zur Anprobe. Und sie passt! Nichts wie weg mit dem Provisorium und die neue Mutter gleich mit einem Schlüssel und einer Verlängerung "festgeknallt". Das sollte halten. Wieder zurück im Kawa-Laden dann die Frage nach dem Preis: 39 Dollar! Wie bitte? So viel? Das sind ja 25 Euro! Die Mutter ist jetzt drauf und große Lust weiterzusuchen habe ich auch nicht. 39 Dollar kann man schon mal zum Muttertag ausgeben. Da musst du also zum Kawasaki Händler fahren um eine BMW-Mutter zu bekommen. Früher zurück im Hostel als erwartet, schraube ich gleich wieder die Abdeckung für das Zahnrad drauf und reinige noch den Luftfilter.
Nachdem das alles sehr viel schneller lief als erwartet, bleibt noch Zeit für eine Halbtagestour. Und die führt mich zur 30 km entfernten Hafenstadt Fremantle. Auf dem Stirling Highway fährt man in 20 Minuten locker dorthin. Der Stadtkern besteht noch aus alten, renovierten Kolonialgebäuden. Mit den vielen Cafes, Bistros und Kneipen kommt in "Freo", wie die Australier Fremantle bezeichnen, schon ein mediterranes Flair auf. Dazu trägt das milde Klima, die Palmen, der Yachthafen und die Strände bei. Eine sehr beschauliche Kleinstadt, die immer ein Besuch wert ist.
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Tag 81, Freitag, 03. Januar 2020 - Von Perth nach Margaret River (km 12783)
Mein heutiges Tagesziel heißt Margaret River. Diese touristische Kleinstadt liegt etwa 300 km südlich von Perth. Und bei 300 km Tagesleistung muß ich nicht zwingend im Morgengrauen wegfahren. Trotzdem bin ich um 7 Uhr startklar. Die Bayerin aber wohl noch nicht so recht. Die vergangenen Tage hat die Batterie geschwächelt und sie ist nur zögernd angelaufen. Heute grade noch so auf den letzten Drücker. Also wieder etwas zu reparieren. Das Nachlassen der Batterieleistung kann mehrere Ursachen haben:
- der Gleichrichter ist defekt (wie schonmal). Da hätte ich einen Ersatz dabei.
- Die Batterie ist hinüber. Das wäre schlecht. Da müsste ich ne neue kaufen.
- die Lichtmaschine ist kaputt. Das wäre das Aus für die Weiterfahrt. Das kann ich mir jedoch nicht vorstellen. Dann würde gar nichts mehr gehen.
Über den Kwinana Freeway kommt man schnell aus der Innenstadt von Perth Richtung Süden raus aus der Stadt. Der geht irgandwann über in den Forrest Highway. Die Fahrt führt zunächst wie nördlich von Perth auch, durch den "Weizengürtel" Westaustraliens. In diesem etwa 300 km breiten und bis weit ins Landesinnerer reichenden Landstrich bauen die Landwirte hier hauptsächlich Weizen an. So auch "mein" Landwirt, der mir vor ein paar Tagen geholfen hat, das Moped zu reparieren. Nach anderthalb Stunden fahre ich in die Stadt Bunbury rein um zu tanken. Gleich neben der Tankstelle befindet sich eine Autowerkstatt. Da halte ich gleich mal an und leihe mir ein Multimeter aus, um die Bateriespannung zu prüfen, und ob das Laden der Batterie funktioniert. 14 V sollten eigentlich reichen. Sicherheitshalber baue ich den Ersatzgleichrichter ein, man weiß ja nie. Die Jungs der Autowerkstatt geben mir die Adresse von einem Batterie-Laden, dem "Battary World", nicht weit von hier. Die wiederum kommen gleich mit einem futuristischen, digitalen Meßinstrument, um meine Batterie zu testen. Die Spannung scheint zu stimmen, aber die Kapazität hat wohl stark nachgelassen, meinen die. Ich kann es nicht prüfen und willige ein, eine neue (sehr teuere) Batterie zu kaufen. Was bleibt mir anderes übrig. Stehenbleiben will ich nicht, und jeden Tag die Batterie überbrücken auch nicht. Die ganze Aktion hat mich 1,5 Stunden Zeit gekostet. Aber egal, heute habe ich es nicht eilig. Über die Küstenstädte Dunsborough und Yallingup (ein Surfer Paradise) führt die Fahrt weiter Richtung Süden in die Kleinstadt Margaret River. Die Landschaft, das Wetter und das Klima hier erinnert doch sehr an Mittel- und Südueropa. Grüne Wiesen, grasende Rinderherden und viel Wald. Außerdem fährt man hier durch eines der besten Weinanbaugebiete Australiens. Seit 1967 werden hier Reben gepflanzt und die Trauben zu Wein gekeltert. Rechts und links der Hauptstraße findet man dutzende von Weingütern, die auch Weinproben abhalten. Das ist für mich nicht drin, denn ich muß ja fahren - leider. Im YHA Backpacker in Margaret River finde ich auch gleich Unterkunft in einem 6-Bett Dorm. Gleich anschließend montiere ich die Koffer an der BMW ab und mache eine Spritztour durch die wirklich schöne Gegend hier. Auch viele Tropfsteinhöhlen findet man hier. Eine davon schaue ich mir an: das Mammoth Cave.
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Tag 82, Samstag, 04. Januar 2020 - Über Cape Leeuwin Lighhouse und Pemberton nach Albany (km 13319)
Mein erster Stop führt mic heute ganz in den sücwestlichsten Punkt von Australien, auf eine Landzunge unterhalb von Alberta. Dort befindet sich das Cape Leeuwin Lighhouse. Um halb neun Uhr bin ich schon dort. Es ist noch alles abgeschlossen. 15 Minuten später kommen die Mitarbeiter und machen das Tor auf. Um 9 Uhr beginnt die erste Führung - ich bin dabei. Ein älterer australischer Herr übernimmt die Führung. Der Leuchtturm ist mit 39 Metern der höchste auf dem australischen Kontinent. Nur in Tasmanien gibt es noch einen höhern. Benannt wurde er nach dem holländischen Schiffe Leeuwin. Gebaut wurde er Mitte des 19. Jahrhunderts hier in Australien, nachdem das Schiff mitsamt der Ladung des originalen Leutturms aus England irgendwo vor Afrika sank, wo weiß man bis heute nicht. Für das Leuchtfeuer wurden täglich 32 Liter Kerosin benötigt, die den Leutturm hinauf geschleppt werden mussten. Und alle zwei Stunden musste die Rotation aufgezogen werden. Die funktionierte ähnlich einer Kuckuksuhr. Cape Leeuwin stellt genau die Grenze zwischen dem Südlichen und dem Indischen Ozean dar. Weiter im Westen kommt erst Afrika und im Süden sind es etwa 5000 km bis zur Antarktis.
Und weiter führt mich die Fahrt bei fast fröstelnden 18 Grad Richtung Osten durch den mir so "heimischen" Südwesten Australiens, durch Wälder, grüne Wiesen mit wiederkäuenden Kühen und vorbei an den abgeernteten Getreidefeldern. Die Landwirte sind grade dabei, das Stroh auf Rundballen zu pressen und abzutransportieren - fast wie zu Hause! Und immer wieder mal fährt man an einem Weinberg vorbei. Den habe ich übrigens gestern Abend in Margaret River getestet - er schmeckt hervorragend. Gegen Mittag mache ich einen Stop in der Kleinstadt Pemberton. Das Wahrzeichn der Stadt ist ein 58 Meter hoher Karri-Baum. Es ist der Welt zweithöchster Feuerausguck mit einer Aussichtsplattform oben. Man kann den auch (auf eigene Gefahr) besteigen. Eigens dafür wurden halbmeterlange Eisenstangen wendeltreppenartig in den Baum geschlagen. Mit meinem Motorradklamotten ist das natürlich nicht möglich. Man sieht auch von unten, daß der wirklich hoch ist.
Die nächsten 100 km bis zur Kleinstadt Walpole führen nur durch die Southern Forests, einem großen Waldstück, meist aus Karribäumen bestehend. Noch nie zuvor bin ich 100 km am Stück im Wald gefahren. Der wollte wirklich nicht enden. Diesmal hat der letzte Tropfen Benzin bis zur Tankstelle in Walpole nicht ganz gereicht. Wegen 200 Metern musste ich noch einen Ersatzkanister nachschütten - aber deswegen hat man die ja dabei. Die letzten 120 Kilometer bis Albany sind dann wieder abwechslungsreich: mal durch den Wald, mal an grünen Wiesen vorbei und mal an abgeernteten Feldern. In Albany bin ich im 1849 Backpacker untergekommen. Albany ist die älteste Siedlung in Westaustralien.
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Tag 83, Sonntag, 05. Januar 2020 - Das unerwartete Ende der Reise steht bevor (km 13617)
Gestern Abend hatte ich noch die Rezeptionistin bzgl. Informationen zum Stirling Range Nationalpark, nur unweit von hier, angefragt. Die aber sagte nur, daß der derzeit wegen diverser Buschfeuer geschlossen ist. Das habe ich gleich zum Anlass genommen, um mal genauer in die Internetseite von Westaustralien reinzuschauen: www.emergency.wa.gov.au . Zu meinem Entsetzen gibt es hier in der Gegend gar nicht so wenige Buschfeuer. Und das gravierenste für mich ist das Feuer, das grade in der Gegend von Fraser Range wütet. Denn das blockiert den Eyre Highway für mindestens eine Woche. Der Eyre Highway ist die einzige (Schnell)straße zwischen Perth und Adelaide. Eine andere gibt es nicht. Ich müsste also mindestens eine Woche warten um in Richtung Melbourne aufzubrechen. Das wird nir wohl nicht reichen, dann in 2 Wochen 4000 Kilometer zu fahren. Also bleibt nur noch, das Motorrad von Perth wieder zurück nach Deutschland zu verschiffen. Und weil ich hier im Süden schon fast alles gesehen habe und auch nicht wieder in den heißen Norden fahren will, werde ich das Bike wohl früher als geplant beim Spediteur in Perth bzw. Fremantle abgeben. Heute ist Sonntag. Morgen muß ich meinen Agenten von In-Time-Forwarding in Hamburg telefonisch kontaktieren. Das ist sehr schade. Aber nicht nur mir geht es so. Viele andere Reisende, die mit gemieteten Fahrzeugen unterwegs sind, haben dasselbe Problem.
Irgendwie scheint mir auch die BMW schlapp zu werden. Im unteren Drehzahlbereich ruckelt sie leicht. Da müsste wohl der Vergaser mal wieder gereinigt werden. Der Vorderreifen ist auch fast hinüber und das Vorderrad dreht nicht mehr sauber durch. Vermutlich die Radlager defekt. Neue hätte ich dabei, aber eine Werkstatt zum Wechseln bräuchte ich schon. Der in Kupang in Indonesien wieder zusammengegklebte rechte Ausßenspiegel hält auch nicht mehr richtig. Und heute beim Fahren ist der Halter der ActionCam gebrochen und die Kamera samt Gehäuse auf den Asphalt geknallt. Das Geähuse ist hinüber, die Cam muß ich erst testen. Mir scheint es, als wollte die Bayerin mir sagen: "Es ist genug. Ich bin müde. Komm lass uns umdrehen und nach Perth zurückfahren". Aber nicht Perth ist dann das Tagesziel heute, sondern Bunbury, 100 km südlich davon an der Küste des Indischen Ozeans. War es gestern und vorgestern mit 20 Grad noch recht frisch, so klettert das Quecksilber heute wieder über 30 Grad. Und auf dem Albany Highway Richtung Perth sehe ich selbst ein Buschfeuer, nur ein paar Kilometer entfernt. Auch dieses ist schon auf der australischen Internetseite protokolliert, als ich reinschaue. In Bunbury komme ich im Wander Inn Backpacker unter. Zu allen schlechten Nachrichten von gestern und heute kommt noch der 2. Umfaller des Motorrads hinzu, und das während meiner Abwesenheit. Eine junge Touristin hat die Bayerin beim zu schnellen Ausparken touchiert und umgeworfen. Es ist wohl länderübergreifend gleichj, daß bei Frauen und Einparken generell zwei Welten aufeinandertreffen. Den Schaden habe ich in der Dunkelheit nicht sehen können. Das muß ich morgen früh näher betrachten.
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Tag 84, Montag, 06. Januar 2020 - Wieder zurück nach Perth (km 13819)
Heute ist wirklich keine Eile geboten. Denn ich weiß noch nicht genau wie es weiter geht. Um halb neun rufe ich meinen Agenten Frank Todero in Melbourne an. Der arbeitet für die Firma Domninion Freight Logistics. Die wiederum sind der Partner meiner Logistikfirma Time-In-Forwarding in Hamburg. Als ich Frank berichte, daß´ich das Moped möglichst schnell zum Rücktransport in Perth abgeben will, sagt der, daß ihr Büro dort grade geschlossen ist, weil sein Kollege im Urlaub ist! Das ist schlecht. Noch eine Woche in Perth herumsitzen will ich nicht. Er sagt aber, daß er ein Lösung sucht. Eine halbe Stunde später flattert ein email ins Haus. Er schreibt, ich könne das Bike auch vorab bei den "Nachbarn" multi load abstellen. Sein Kollege holt es dann dort ab. Na das ist ja mal ein guter Vorschlag. Und so fahre ich in Perth erstmal bei multi load vorbei, um nochmals klarzustellen, daß ich das Motorrad hier abgeben kann. Nur wenige Kilometer vor dem Ziel fällt plötzlich das Windschild vorne weg und flattert auf den Highway. Ich halte schnell an und nehme es weg von der Straße bevor noch jemand drüberfährt. Jetzt zu Ende der langen Fahrt kommt es mir so vor, als ob die Bayerin Stück für Stück in ihre Einzelteile zerfällt. Es ist wohl doch besser wenn sie jetzt "in die Kiste" kommt. Ich habe das Windschild gar nicht erst wieder angeschraubt. Denn spätestens morgen wäre es sowieso abmontiert worden für den Transport. Im Büro von multi load angekommen weiß die gut aussehende, jaunge, freundliche Dame an der Rezeption schon Bescheid. Ich kann es jederzeit zwischen 8 und 16 Uhr vorbeibringen - Super! Das ging ja schnell. Ich mache wieder den Abflug und fahre in die Stadt rein, um mich wieder im Kangaroo Inn einzuquartieren. Da kennt man mich schon und einige der Leute von vor 4 Tagen sind auch noch da.
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Tag 85, Montag, 07. Januar 2020 - Bye bye Bayerin (km 13832)
Heute ist der Tag gekommen, an dem ich mich von der Bayerin verabschieden muß. Zunächst jedoch heißt es am Vormittag alles zusammenpacken und reisefertig zu machen. Denn die Motorradklamotten, Helm, Stiefel, Handschuhe usw. müssen mit der BMW in den Container. Das will ich nicht drei Wochen mit mir herumschleppen. Das Gute bei der Ausfuhr aus Australien, im Gegensatz zur Einfur, ist, daß die Karre nicht geputzt werden muß. Die geht dreckig in den Container. Sauber gemacht wird erst zu Hause.
Es ist schon krass, daß ich bisher mit Motorrad und Gepäck so um die 270 kg herumgeschleppt, bzw. gefahren habe, und jetzt mit einem kleinen Rucksack und nur 7 kg weiterreisen werde - aber das bin ich von früher schon gewohnt.
Gegen Mittag bin ich dan fertig mit der Packerei und unternehme die letzte, wenn auch kleinere Fahrt dieser langen Reise. Die führt wieder hinaus ins Industriegebiet nahe des Flughafens zu "multi load". Irgendwie ist es schon traurig, daß ich diesmal nur knapp 14.000 km gefahren bin, im Vergleich zu den 25.000 von vor zwei Jahren. Aber die Buschfeuer haben halt die Fahrt nach Melbourne, und damit etwa 4000 km, verhindert. Außerdem bin ich in Indonesien nie wirklich schnell vorangekommen. Und der Transport von Osttimor nach Darwin hat halt fast drei Wochen gedauert. Da ging viel Fahrtzeit verloren.
Zwei Kilometer vor "multi load" geht mir auch noch der Sprit aus und ich muß den letzten Ersatzkanister einfüllen. Aber das ist auch gut so. Denn der Tank sollte zum Transport nicht voll sein. Auch die Batterie habe ich wieder abgeklemmt und die Pole isoliert. Desweiteren die Spiegel abgeschraubt und das Topcase abgenommen. Dann wird die BMW niedriger und die Kiste für den Transport kann kleiner werden, was sich hoffentlich auf den Preis auswirkt. Das Motorrad wird nicht abgeschlossen, die Koffer und das Topcase müssen jedoch unverschlossen bleiben damit der Zoll reinsehen kann, so mein Spediteur in Deutschland. Auf keinen Fall vergessen darf ich, das Carnet de Passage mit dem Motorrad abzugeben. Denn das muß der australische Zoll vor der Ausfuhr noch abstempeln. Denn die in Deutschland beim ADAC entrichteten 2000 Euro Kaution möchte ich schon gern wiederhaben.
Als alles demontiert und bereitgestellt ist, verabschiede ich mich von den Leuten von "multi load", nicht ohne Stella zu fragen, wo die nächste Bushaltestelle ist, und welche Linie ich ins Zentrum nehmen muß. Es ist schon irgendwie komisch, nach so langer Zeit wieder Bus fahren zu müssen. Da ist man ganz schön eingeschränkt in der Bewegungsfreiheit. Linie 288 bringt mich für 4,90.- Dollar wieder zurück in den Backpacker Kangaroo Inn.
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Dienstag, 07. April 2020 - Sie ist wieder da !!!
Nachdem ich jetzt schon gute zwei Monate zurück bin, kommt auch die BMW endlich wieder zu Hause an. In-Time-Logistic hat gute Arbeit geleistet und wieder die Firma Rüdinger für den Rücktransport von Hamburg nach Schwäbisch Hall beauftragt. Leider konnte ich den Rückweg über die Meere dieser Welt diesmal nicht verfolgen, da man mir nicht das Schiff nennen konnte, sondern nur die Container-Nummer. Und für die habe ich keine Internetseite zum "tracken" gefunden. Etwas gestört hat mich auch die Ausführung / Verpackung der Kiste, in der das Motorrad transportiert wurden. Denn die gleicht eher einem Hasenstall als einer Transportkiste. Und mit Folie umwickelt war weder das Moped noch das Gepäck. Man hätte also jederzeit von Außen in die Kiste hineingreifen können, um etwas herauszuholen. Glüclicherweise ist nichts abhanden gekommen. Desweiteren wurde weder Motorrad noch Gepäck mit Folie umwickelt. D. h. hätte die Kiste mal längere Zeit draußen gestanden, so wäre sowohl Motorrad als auch Gepäck der Witterung ausgesetzt gewesen.
Auch das Carnet de Passage habe ich von In-Time-Logistics wieder zugesandt bekommen, damit ich meine Kaution vom ADAC wieder zurücbekommen kann.
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